Medipacks statt automatischer Heilung? Einzelspieler statt Mehrspieler? Es gibt sie also doch noch: Oldschool-Shooter, die nichts mit den Gepflogenheiten ihrer modernen Ableger zu tun haben möchten. Wolfenstein feuert mit The Old Blood im Mai zur zweiten Offensive.
Ihr kennt es sicherlich: Das neue Spiel gerade gestartet, da lest ihr im Netz schon vom geplanten Nachfolger, die DLCs sind euch freilich schon länger bekannt und werden in den nächsten Wochen aggressiv beworben. Wer nicht mitzieht und erneut die Geldbörse zückt, kommt eben nicht in jenen Genuss, der unglaublich spielenswerten neuen Story-Missionen, an die das Team auch erst nach dem Release gefeilt hat. Indianerehrenwort – wer’s glaubt…
Glücklicherweise gibt es vereinzelt noch Entwickler und Publisher (Cheers an die Damen und Herren bei MachineGames und Bethesda Softworks), die eine traditionelle Spielreihe wie Wolfenstein mit Würde am Leben erhalten: The New Order wurde im Mai 2014 als reiner Singleplayershooter veröffentlicht. Ohne aufgesetzten Multiplayermodus. Ohne automatische Selbstheilung. Ohne Auto-Aim. Ohne DLC. Was nach einem feuchten Traum für Shooterfreunde der 90er klingt ist, wahr geworden.
Mit dem Fokus auf eine spannende und unterhaltsame Story (trotz viel Peng, Peng, Boom und Kawumm in den Zwischensequenzen) wollte Wolfenstein: The New Order das Herz aller alten Zocker und natürlich open-minded Neuspielern gewinnen. Herausgekommen ist dabei ein gutes Spiel, welches bei Presse und Spielern gleichermaßen überzeugen konnte. Wirtschaftlich war es mittelprächtig, bis zum heutigen Tag wurden insgesamt 2,7 Millionen Verkäufe erzielt (VGChartz, Konsolen und PC kombiniert).
Burg Wolfenstein, wir kommen!
Bei so viel spielerischer Tradition wollte man wahrscheinlich auch im Marketing an die (guten) alten Zeiten anknüpfen und kündigte aus dem Nichts das Prequel Wolfenstein: The Old Blood für den 5. Mai an. Keine Teaser, keine gerenderten Screenshotschnipsel, keine herausgepickten Gameplaymomente. Dafür alle Infos auf einen Blick samt Trailer.
Ein eigenständiges Addon zum kleinen Preis (20 bis 25 Euro) – das ich sowas im Jahr 2015 nochmal erleben darf. Zwei Storylines, acht Kapitel, neue Waffen, neue Gegner (und neues Peng, Peng, Boom und Kawumm). Um dem Hypetrain noch ein wenig Dampf zu machen: Die Stories hören auf die entzückenden Namen “Rudi Jäger und die Höhle der Wölfe” und “Die dunklen Geheimnisse der Helga von Schabb” – jetzt ist es aber wirklich um mich geschehen.
Einen habe ich aber noch in petto: Der eigentliche Star des Prequels ist ein Rohr. Ein Rohr? Ja, ein stinknormales Eisenrohr. Damit zieht ihr euren Feinden nicht nur eins über die Rübe, sondern erklimmt Wände, nutzt es um an Seilen hinab zu düsen und spielt in einigen Situationen die Hebelwirkung gekonnt aus. Nicht zuletzt ist das besagte Rohr gar zum Coverstar mutiert. Was für Gorden Freeman die Eisenstange ist, könnte für B.J. Blazkowicz das Eisenrohr werden – ich bin gespannt!
Und nun, liebe Leser, entschuldigt mich bitte: Während ich die Zeilen verfasse, installiert mein Rechner Wolfenstein: The New Order für einen zweiten Durchgang. Ein kleiner Wermutstropfen ist mir aber direkt aufgefallen, den sich Bethesda und Co. für das Prequel sparen können: Der DayOne-Patch bringt mehr als 5 Gigabyte auf die Waage und ist bei einer hoffnungslos überlasteten und kümmerlichen 2mbit-Verbindung in einer 4er-WG das letzte große Übel. Neben dem “Regime”, versteht sich.